Große Ernten drücken auf Preise
- kerstinoverkaempin
- 11. Sept.
- 2 Min. Lesezeit
Laut Agravis-Analyst Bernhard Chilla ist in keinem einzigen EU-Land in den letzten Wochen ein schwacher Weizenertrag eingefahren worden. Er blickt auch auf Russland und die Ukraine.
In der EU samt Großbritannien wurde 2025 eine Weizenernte von rund 145 Mio. t eingefahren. Vor diesem Hintergrund kann laut Bernhard Chilla von der Agravis Raiffeisen AG nicht von einem knappen Weizenangebot in Europa gesprochen werden. „Die Wachstumsbedingungen waren in nahezu allen Anbauregionen in Europa sehr gut“, berichtet Marktanalyst Chilla in einer von der Agravis zu Wochenbeginn veröffentlichten Erntebilanz.
Seltener Befund für europäischen Markt
Darin weist Chilla darauf hin, dass 2025 in keinem einzigen EU-Land ein schwacher Weizenertrag eingefahren wurde. Das sei für den großen europäischen Markt ein seltener Befund. In diesem Jahr dürfte dem Marktanalysten zufolge sogar ein neuer Rekordertrag eingefahren worden sein, der mit rund 6,4 t/ha gut 10 Prozent über dem Vorjahresniveau liege und den bisherigen Rekord von 6,3 t/ha aus dem Jahr 2015 egalisieren sollte.
In Deutschland dürfte die Produktion dank der sehr guten Erträge im Süden und in der Mitte noch höher ausfallen, als Mitte August vom Deutschen Raiffeisenverband (DRV) geschätzt wurde, heißt es in der Erntebilanz der Agravis weiter. Die Ernteerwartung für Weizen ohne Durum in Deutschland sieht Chilla nun bei 22,5 bis 23,0 Mio. t, nach nur 18,2 Mio. t zur Ernte 2024. „Somit steigt der Weizenexportüberschuss der EU signifikant an“, betont der Marktexperte.
Russland wichtigster Exporteur
In Russland dürfte die Weizenproduktion im Jahresvergleich laut der aktuellen Agravis-Bilanz nur leicht gestiegen sein und bei 84 bis 86 Mio. t liegen. Überschüsse sind Chilla zufolge vor allem im Zentrum des Landes zu finden, sodass diese Mengen erst einmal in den Süden bewegt werden müssten, wo die großen Exportterminals liegen. „Das wird für die Russen eine große logistische Herausforderung, die sie aber im Wirtschaftsjahr 2020/21 schon einmal bewältigen konnten“, erinnert der Marktexperte.
Auch damals habe der Süden Russlands wenig Weizen gedroschen, das Zentrum des Landes dagegen sehr hohe Mengen. Insgesamt aber sollten aus Russland 2025/26 gut 40 bis 45 Mio. t Weizen exportiert werden können, nach 43 Mio. t im abgelaufenen Wirtschaftsjahr. Zwar bliebe Russland damit der wichtigste Weizenexporteur der Welt. Die Exporte jedoch dürften bei Weitem nicht an das Rekordniveau von 55 Mio. t aus dem Wirtschaftsjahr 2023/24 heranreichen.
Chilla weist im Agravis-Bericht darauf hin, dass der langjährige Trend hin zu mehr Weizenanbau in Russland zuletzt unterbrochen wurde. Für Russlands Landwirte lohne sich der Anbau von Ölsaaten und Hülsenfrüchten derzeit viel mehr als die Weizenproduktion, begründet er dies. Infolgedessen sei die Anbaufläche auf den tiefsten Stand seit 2018 gesunken. Diese Trendumkehr könnte zukünftig das Produktionspotenzial des Landes beim Weizen senken. Solange die globale Pflanzenölnachfrage weiter wachse, sollte in Russland die Anbaufläche des ertragsschwachen Sommerweizens, der einen Anteil von gut 40 Prozent an der Gesamtanbaufläche hat, weiter sinken.
Kein großer Preisdruck aus der Ukraine
Aus der Ukraine sieht Chilla wie im Vorjahr keinen großen Preisdruck durch hohe Exportmengen kommen. Eine diesjährige Weizenproduktion von gut 21 Mio. t lasse das Exportpotenzial 2025/26 weiter unter dem Mittel der vergangenen fünf Jahre verharren. Zudem habe in der Ukraine die Weizenanbaufläche zuletzt ebenfalls stagniert. Der Anbau von Weizen sei dort weniger lukrativ als der von Körnermais oder Ölsaaten. Weitere Produktionsanstiege könnten zukünftig auch nur durch starke Ertragszuwächse generiert werden. AgE
Quelle: Agrarzeitung 02.09.2025, agrarzeitung.de
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